In der heutigen Supervision habe ich meinen Stress mit dem Telefonieren bei einer sogenannten Kalt-Akquise adressiert. Ich habe grundsätzlich Mühe, wenn ich irgendwo anrufen muss, bei dem ich nicht weiss, wer am anderen Ende der Leitung sein wird. Ich frage mich dann meist
- Wen werde ich antreffen?
- Wird sie gereizt oder freundlich auf mich reagieren?
- Kann ich mein Anliegen vorbringen oder werde ich gleich abgewürgt?
Bei den Akquise Telefonaten kam eine weitere Komponente hinzu, welche mich überraschte. Es stellte sich im Laufe des Prozesses heraus, dass ich – unbewusst – das Gefühl hatte, ich sei der anderen Person etwas schuldig. Ich sah mich nicht als Bittstellerin, sondern hatte dieses diffuse Gefühl, ich müsse etwas zurückgeben.
Es kam mir in den Sinn, dass ich dies schon von früher her kannte. Damals war eine ehemalige Kollegin fast schon erbost und meinte, warum ich jedes Mal, wenn ich zu ihr käme, etwas mitbringen täte. Auch in diesen Situationen war es oft so, dass ich mit einem Anliegen, einer Bitte zu ihr gekommen bin und mich so erkenntlich zeigen wollte.
Meine Supervisorin stammt aus Slowenien. Und sie meinte doch tatsächlich: «das kenne ich! Das ist so ein «Ost Ding». Man will niemandem etwas schuldig bleiben, um unabhängig zu bleiben.» Dies erstaunte mich einen Moment: Da haben mich tatsächlich meine Wurzeln und meine Familiengeschichte wieder eingeholt.
Nach ein paar Runden des Auflösens von Überzeugungen, fällt mir das Telefonieren fällt mir um einiges leichter. Obschon das «kalt» Akquirieren nie meine bevorzugte Tätigkeit sein wird, mache ich es einfach – ohne zu viele Gedanken zu verlieren.